Trauben vom Premierminister und Amerikaner experimentieren mit nordkoranischen Medikamenten

Eine Geschichte aus der ersten Woche in Tansania.
An einem schönen Morgen fuhr ich mit dem Rad zum Airport-Parish, dem Gemeindegelände der Jesuiten hier in Dodoma mit einer großen Kirche und ihren Wohnungen sowie einem kleinen Laden, vielen Bäumen, einigen Stallungen für Kleintiere und einem Feld. Eigentlich ist hier ja jeder Morgen schön. Manchmal vielleicht noch etwas kalt, aber die Sonne scheint wenig später bestimmt. Den grauen nebelverhangenen Herbstmorgen gibt es hier nicht, aber in der ersten Zeit musste ich mich erstmal an das für europäische Kleinstadtkindaugen stets gute Wetter gewöhnen. Dort traf ich Father James und nach einer guten Unterhaltung über das Miteinander der Religionen hier in Dodoma, lud er mich zum Mittagessen ein. Das ist immer lohnenswert, denn die Jesuiten haben gute Köche. Schließlich gab er mir noch ein paar Trauben „vom Premierminister“ mit. Dessen Frau ist katholisch und geht gerne auch mal mit ihm bei den Jesuiten sonntags zur Messe und so kommen regelmäßig kleine Geschenke von ihm. Einmal hab ich ihn inzwischen gesehen. Da waren dann an jenem Sonntag einige weiße Polizeijeeps und eine schwarze Limosine mit 2 Tansania-Fahnen am Bug auf dem Kirchengelände geparkt. Der Mann, der zum Ende des Gottesdienstes noch was gesagt hatte, war also der Premierminister. Nach zweimal Bundesbildungsministerin (in Jerusalem und in Erfurt) halt diesmal ein Chor-Auftritt vor dem Premierminister eines Landes. Als Musiker kommt man schon rum.
An diesem Morgen brachten seine Leute für die Jesuiten ein paar Ziegen und Trauben in der Größe von Pflaumen von der Farm des Premierministers. Noch kann ich nicht viel zur politischen Situation hier erzählen, doch die Menschen in ungefähr meinem Alter und mit etwa vergleichbarem Bildungsweg mit denen ich bisher gesprochen habe, setzen sich kritisch mit der Regierung auseinander. Es ist keine fundamentale Verurteilung, aber Korruption und ein doch oft etwas abgehobener Lebensstil sind Probleme.
Zuhause legte ich die Trauben in den Kühlschrank und bot sie meinen Mitbewohnerinnen mit ihrer von Fr. James betonten Herkunft an. Wir wuschen sie allerdings nicht nochmal.
Während mir dies keinerlei Probleme bereitete, wurden Cristina und Jamie wohl von den Trauben krank. Sie entschließen sich diesmal jedoch ausgerechnet zu nordkoreanischen Ärzten zu gehen. Da der Bauch weh tat, wurde ihnen neben einer Massage eine seltsame Elektroschocktherapie zuteil. Die Cristina aber unter scheinbar heftigen Protest abwährte. Insgesamt waren die Nordkoraner den Amerikanern aber sehr freundlich gesonnen, auch wenn die Komunikation wohl sehr schwer war, da sie eigentlich nur koreanisch sprachen. Schließlich wurden Jamie und Cristina mit der Aufforderung morgen wieder zu kommen und bis dahin die Medikamente zu nehmen nach hause geschickt.
Die Medikamente waren in kleinen Papiertütchen verpackt auf denen nichts weiter als ein paar Zahlen standen. Der Name oder gar die Wirkung dieser Medikamente war total unbekannt. Es waren Medikamente in allen erdenklichen Farben und Formen. Von vielen kleinen, silbernen Kügelchen, über zweifarbige Kapseln bis hin zu braunen mehr als haselnussgroßen Kugeln.
So saßen wir abends alle 5 versammelt um unseren großen Runden Tisch im Wohnzimmer, wobei vor Jamie und Cristina je ein kleiner Berg an Medikamenten lag. „Sag mal hast du schon die gelbe Pille getestet?“ „Nee, so eine hab ich gar nicht, aber vielleicht probiere ich mal diese Kapsel.“ „Wir können sie ja zerstoßen und schauen war drin ist.“ Irgendwann meinte Roxanne, dass das hier wie eine Drogenparty aussehe. Jamie war etwas mutiger, aber letztendlich wagte sich niemand an die großen braunen Kugeln.
Da es beiden am nächsten Morgen besser ging, beschlossen sie die Medikamentation lieber abzusetzen und hielten auch einen weiteren Besuch bei den freundlichen Nordkoreanern für unnötig. Cristina tat das aber etwas leid, da sie es ja eigentlich versprochen hatten.

Die kleine Nebenstraße vor unserem Haus ist gesäumt mit einer Allee von blühenden Akazien. Rechts geht es zu unserem Haus. Links im Straßengraben liegt Müll. Der Müll wird einfach in kleinen Haufen am Straßenrand abgelegt und demnächst verbrannt. Vorher hat der Wind aber sicher einigen Müll etwas weiter getragen. Gerade zu unter einem Baum ist die Werkstatt von Ramadan, unserem Fahrradmechaniker. Im wesentlichen besteht diese Werkstatt aus einer Holzkiste mit etwas Werkzeug und einer Holzbank mit einem Dame-Spiel, wobei die Spielsteine rote und blaue Flaschendeckel sind.

Die kleine Nebenstraße vor unserem Haus ist gesäumt mit einer Allee von blühenden Akazien. Rechts geht es zu unserem Haus. Links im Straßengraben liegt Müll. Der Müll wird einfach in kleinen Haufen am Straßenrand abgelegt und demnächst verbrannt. Vorher hat der Wind aber sicher einigen Müll etwas weiter getragen. Gerade zu unter einem Baum ist die Werkstatt von Ramadan, unserem Fahrradmechaniker. Im wesentlichen besteht diese Werkstatt aus einer Holzkiste mit etwas Werkzeug und einer Holzbank mit einem Dame-Spiel, wobei die Spielsteine rote und blaue Flaschendeckel sind.


Aktuelle Situation
Am Montagabend hat es zum ersten Mal geregnet. Seit Wochen blühen nun schon die Akazien an der Straße vor unserem Haus in herrlichem Rot. Das ist wirklich wundersam woher diese Pflanzen das Wasser nehmen. Sie fangen vor Beginn der Regenzeit an zu blühen.
Nur einige Stunden zuvor kamen auch die neuen Freiwilligen aus Amerika an. Victoria und Mary. Wiederum zwei Frauen Anfang 20. Der Altersschnitt senkt sich damit etwas und ich bin nun der Älteste. Im Januar kommen dann wohl auch wieder 2 Briten und dann bin ich nicht mehr der einzige Mann im Haus. Cristina verließ uns am Dienstag und am Donnerstag folgt ihr Hannah gen USA nach. Beide waren für 2 Jahre hier, konnten sehr gut Kiswaheli und haben mir oft sehr geholfen und viele Sachen erklärt. Sie nahmen mich mit zum Chor und zu vielen Besuchen und fragten auch öfter nach meinem Befinden. Sie bildeten die Fraktion im Hause, die unter den Arbeitstag mal einen Schlussstrich ziehen konnte. Generell haben wir alle uns aber ganz gut gegenseitig angespornt, so dass ich meist schon das Gefühl hatte, dass ich gearbeitet und hoffentlich dabei was halbwegs sinnvolles gemacht habe.
Es wird spannend wie es nun weitergeht. Das gemeinsame Leben im Haus prägt natürlich den Alltag und es wird sich jetzt alles etwas umsortieren. Besonders wenn wir dann 7 Freiwillige sind. Doch ich bin zuversichtlich, dass es auch weiterhin ein friedsames Zusammenleben bleibt. Es ist natürlich manchmal eine Herausforderung als einziger Europäer inmitten der doch schon länger aufeinander eingespielten Frauen. Aber ich bin froh, dass ich hier nicht alleine ohne andere Freiwillige mit ähnlichen Werten leben muss. Es ist meist eine wohltuende Gemeinschaft und es ist wirklich mein jetziges zu hause.

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